Shift Insurance Perspectives: Die Ausgabe zum Thema Gemeinsame Daten
Aus der Redaktion
Es gibt zwei Sprichwörter, die die Bedeutung von Daten für Künstliche Intelligenz (KI) und generative KI (GenKI) im Versicherungswesen treffend beschreiben. Das erste, „Garbage in, garbage out“, erinnert uns daran, dass die Qualität der Eingabedaten direkt die Qualität der Ergebnisse bestimmt. Dies gilt allgemein für KI und vielleicht noch stärker für KI im Versicherungsbereich. Wenn die KI den Versicherungsfachleuten dabei helfen soll, ihre Arbeit besser zu erledigen, müssen die bereitgestellten Informationen und Erkenntnisse relevant, genau sowie frei von Verzerrungen und Fehlinterpretationen sein. Dies kann nur erreicht werden, wenn die KI auf die umfangreichsten und relevantesten Daten zugreifen kann, um ihre Ergebnisse zu generieren.
Das zweite Sprichwort, „Eine steigende Flut hebt alle Boote“, wurde ursprünglich geprägt, um die Auswirkungen einer sich verbessernden Wirtschaft auf alle Beteiligten zu beschreiben. Es lässt sich jedoch leicht auf die Versicherungs-KI übertragen. Versicherer agieren nicht isoliert. Trends, die einen einzelnen Versicherer betreffen, wirken sich höchstwahrscheinlich auch auf viele andere aus. Dabei kann es sich um Betrugstrends bei Schadensfällen handeln, um Änderungen in Gesetzen oder Vorschriften, um Veränderungen im Verbraucherverhalten im Underwriting und Schadenmanagement oder um makroökonomische Herausforderungen wie Störungen in der oder die Folgen extremer Wetterereignisse. Es ist erwiesen, dass KI zur Bewältigung dieser Herausforderungen eingesetzt werden kann. . Wenn Ihre KI-Initiativen jedoch nur auf eigenen Daten basieren, ist Ihr Verständnis dieser Trends möglicherweise eingeschränkt, was Ihre Reaktionsfähigkeit begrenzt.
In dieser Ausgabe von Insurance Perspectives untersuchen wir die Rolle gemeinsamer Daten in einer Versicherungs-KI-Strategie und konzentrieren uns dabei auf drei zentrale Modelle: Drittanbieter-Datenaggregatoren, verbandsbasierte Datenaustauschmodelle und versichererübergreifende Datenaustauschnetzwerke. Obwohl es weitere Modelle gibt, eignen sich diese drei am besten, um die qualitativ hochwertigen Datensätze bereitzustellen, die für effektive KI-Strategien im Schaden- und Underwriting-Prozess erforderlich sind. Andere Modelle, wie das Konzept der Open Insurance, beziehen sich meist auf die Zustimmung von Versicherungsnehmern zur Datenfreigabe, um Produkte und Dienstleistungen verschiedener Anbieter leichter vergleichen zu können. Datenmarktplätze, auf denen anonymisierte Datensätze gehandelt werden, dienen in der Regel der Produktentwicklung der Versicherer. Diese Modelle sind derzeit für Versicherer, die KI/GenKI im Policen- und Schadenzyklus einsetzen, weniger relevant und werden daher hier nicht näher behandelt.
Drittanbieter-Datenaggregatoren
Drittanbieter-Datenaggregatoren spielen eine wichtige Rolle dabei, das Potenzial von KI- und GenKI-Initiativen im Versicherungswesen optimal zu nutzen. Die von diesen bekannten Anbietern und Organisationen bereitgestellten Datensätze – viele davon Partner von Shift – umfassen unter anderem Schaden- und Underwriting-Daten, Fahrzeugdaten, staatliche Überwachungslisten und Sanktionen, regulatorische und geschäftliche Daten sowie weitere öffentliche Register (z. B. straf- und zivilrechtliche Urteile). Wenn diese Datenquellen in KI-/GenKI-Lösungen für Versicherungen integriert werden, verbessern sie die Modelle durch eine präzisere Abbildung des Antragstellers oder Schadensfalles. Dies ermöglicht Versicherern, fundiertere Entscheidungen, schnellere Schadenregulierungen und eine herausragende Kundenerfahrung zu liefern. Diese Datensätze finden Anwendung in KI-gestützten Lösungen, die verschiedene Herausforderungen entlang des Underwriting- und Schadenzyklus adressieren, darunter die Identifikation von Underwriting-Risiken, Betrugserkennung bei Schäden und Subrogation, Betrug, Verschwendung und Missbrauch im Gesundheitswesen sowie die Erkennung von Finanzkriminalität wie Geldwäsche – neben vielen weiteren wichtigen Funktionen.
Drittanbieter-Datenaggregatoren spielen auch eine wichtige Rolle im Prozess der Entitätsauflösung, einem entscheidenden Bestandteil für den effektiven Einsatz von KI im Versicherungswesen.
Entitätsauflösung bezeichnet den Prozess, bei dem verschiedene Varianten der persönlich identifizierbaren Informationen (PII) eines Antragstellers oder Schadensmelders abgeglichen werden, um festzustellen, ob es sich bei mehreren Anträgen oder Schadensmeldungen tatsächlich um dieselbe Person handelt. Während interne Schaden- und Antragsdaten eines Versicherers hierfür hilfreich sein können, erhöht die Einbindung von Daten aus Drittanbieter-Aggregatoren die Genauigkeit erheblich. So können verschiedene Datensätze genutzt werden, um Telefonnummern, Adressen, Social-Media-Konten und weitere Informationen mit unterschiedlichen Namensvarianten (z. B. John A. Smith, Jonathan Smith, J.A. Smith, John Aaron Smith usw.) abzugleichen, die in den internen Daten eines Versicherers vorliegen. Dies ermöglicht es Versicherern, ihre Geschäftspartner besser zu identifizieren und die mit der jeweiligen Entität verbundenen Aktivitäten zu verstehen. Dadurch lässt sich das Risiko eines Antrags oder eines einzelnen Schadensfalls besser einschätzen. Beispielsweise kann geprüft werden, ob die Person bereits zuvor eine Police beantragt hat, ob sie verdächtige oder betrügerische Schadensmeldungen eingereicht hat oder ob sie mit einem bekannten Betrugsnetzwerk in Verbindung steht. Eine schnelle und präzise Entitätsauflösung kann somit einen erheblichen Einfluss auf das Geschäftsergebnis haben.
Verbands-basierter Datenaustausch
Der verbands-basierte Datenaustausch bietet den teilnehmenden Mitgliedern eine hervorragende Möglichkeit, vom kollektiven Wissen der Gruppe zu profitieren. Organisationen wie die Agence de Lutte contre la Fraude à l’Assurance (ALFA), die Canadian Life and Health Insurance Association (CLHIA), die Équité Association, die General Insurance Association of Singapore (GIA), die Hong Kong Federation of Insurers (HKFI), das Insurance Fraud Bureau (IFB) und das National Insurance Crime Bureau (NICB) sowie weitere haben Initiativen ins Leben gerufen, die es ihren Mitgliedsversicherern ermöglichen, von Betrugswarnungen und Informationen über verdächtige Betrüger und/oder Betrugsnetzwerke zu profitieren, basierend auf der Analyse von gemeinsam genutzten Schadensdaten. Im Sinne einer uneingeschränkten Aufklärung arbeitet Shift derzeit mit vielen globalen Verbänden und Konsortien zusammen, um KI-gestützte Initiativen zur Betrugsbekämpfung zu unterstützen.
Der verbands-basierte Austausch verschafft den Mitgliedern einen branchenweiten Überblick über Trends, die einzelne Versicherer betreffen und die schwer zu erkennen sind, wenn man nur die eigenen Daten betrachtet. Dies gilt insbesondere für organisierte Betrugsnetzwerke und Betrug durch Dienstleister. Während einzelne oder isolierte Vorfälle selbst erfahrenen Schadensprüfern oder Ermittlern entgehen können, ist eine Warnung der Versicherungsvereinigung, der man angehört, über einen verdächtigen Schadensteller, Dienstleister oder mehrere Dienstleister, die bei mehreren Versicherern aktiv sind, ein starkes Instrument. Der verbands-basierte Datenaustausch bietet ein kollaboratives Modell, das sowohl der gesamten Versicherungsbranche als auch einzelnen Versicherern zugutekommt. Obwohl sich der Großteil des Austauschs derzeit auf KI-gestützte Betrugserkennung konzentriert, gibt es auch weitere Anwendungsfälle im Schaden- und Underwriting-Bereich, die in Zukunft von diesem Modell profitieren könnten.
Versichererübergreifende Datenaustauschnetzwerke
Versichererübergreifender Datenaustausch unterstützt globale Versicherer seit Jahrzehnten, indem er den Teilnehmern branchenspezifische Erkenntnisse liefert, die allein durch eigene Daten nicht gewonnen werden können. Bei genauerer Betrachtung ähnelt das Ergebnis traditioneller versichererübergreifender Datenaustauschmodelle jedoch eher dem eines Datenaggregationsmodells – Datensätze, die oft erst nach Identifikation eines verdächtigen Schadens manuell durchsucht werden müssen, um die Echtheit zu überprüfen. Obwohl diese Daten wertvoll sind und weiterhin Vorteile für Versicherer bieten, entwickeln sich die Modelle des übergreifenden Datenaustauschs bei Versicherern weiter.
Vor etwa fünf bis sieben Jahren auf dem europäischen Markt eingeführt und jüngst in den USA mit dem Start des Insurance Data Network (IDN), integriert dieser Ansatz Automatisierung und die Bereitstellung umsetzbarer Erkenntnisse in dieses übergreifende Datenaustauschmodell. Die teilnehmenden Mitglieder erhalten auf Basis gemeinsamer Branchendaten Warnmeldungen, die aufzeigen, wie das frühere Verhalten eines Schadenstellers oder bekannte Verbindungen zu Betrugsnetzwerken oder unseriösen Dienstleistern die Legitimität eines Schadens beeinflussen können. Weitere Erkenntnisse beziehen sich auf Risiken im Zusammenhang mit Schadensfällen, einschließlich Betriebsunterbrechungen (BI) und Personenschäden (PIP). Besonders wichtig ist, dass die Analyse und Intelligenz, die durch versichererübergreifende Datennetzwerke bereitgestellt werden, in Echtzeit an die Teilnehmer geliefert werden können, was die Strategien bei der Betrugs- und Risikominderung erheblich verbessert.
Fazit
Die Zusammenarbeit und der Datenaustausch zwischen einzelnen Versicherern bieten eine besonders vielversprechende Möglichkeit, gemeinsame Herausforderungen zum Nutzen der gesamten Branche anzugehen. Mit der zunehmenden Nutzung von KI und GenAI zur Steigerung von Effizienz, Genauigkeit und Fairness im Schaden- und Underwriting-Prozess stellt koordinierter Datenaustausch ein hervorragendes Mittel dar, um sicherzustellen, dass die zugrundeliegenden Modelle mit den besten und relevantesten verfügbaren Daten arbeiten können. Jedes der vorgestellten Modelle kann im Zusammenspiel den Versicherern die entscheidenden Informationen und Einblicke liefern, die zur nachhaltigen Stärkung der eigenen Position gegenüber Betrug und Risiken erforderlich sind.